Unser Kantor lädt nach guter Tradition zum Kirchenkonzert am Reformationsfest ein.

Und es kommen so viele, dass man zusammenrücken muss, um allen Platz zu schaffen. Es gibt anscheinend eine Sehnsucht nach guter Musik, die in dunkler Zeit erwärmt und verbindet. Warum sollte sich Bach nicht wieder bewähren? Und so wagt es Stephan Hebold, dem „Anfang und Ende aller Musik“ (Reger) ein ganzes Konzert zu widmen.

Fünf Werke stellt er uns vor, die Bachs Originalität und Vielseitigkeit ausdrücken. Zuerst die Fantasie G-Dur, ein geniales Orgelstück des 21-Jährigen. Er nennt die drei Sätze nach französischem Vorbild Très vitement = sehr schnell, (und wie!); Grave = schwer (mit seinem 5-stimmigen Satz und 28-taktiger Schlusssteigerung); und Lentement = langsam (ein Tanz mit Akkordfolgen wie Perlmutterketten). Dieses Meisterwerk überrascht uns so, dass keiner mit dem fälligen Beifall beginnt.

Ganz anders reagieren wir auf die entzückende Flötensonate, die Herr Hebold als zweites Werk mit der Berlinerin Salome Stühler spielt. Der Ton ihrer Altblockflöte klingt in den langsamen Sätzen so weich und in den schnellen so heiter und locker, dass sie uns zu fröhlichem Applaus hinreißen.

Aber es kommt noch besser: Plötzlich singt ein kleiner, aber feiner Chor, das Finkenkruger Vokalensemble, von der Orgelempore aus zwei Stücke, die Gavotte (aus der 5. Französischen Suite) und das berühmte Air (aus der D-Dur-Ouvertüre), eigentlich für Instrumente bestimmt; aber hier werden sie mit dem ursprünglichsten aller Instrumente zum Klingen gebracht. Die Vokalisten und Vokalistinnen singen ohne Worte, so, wie es ihnen ihre Stimmen und die wunderbaren Melodien Bachs eingeben. Diese Herzenstöne lassen keinen unberührt. Spontaner und lange anhaltender Beifall!

Und nun der Schlusspunkt: Ein ganzes Klavierkonzert! Woher kennen wir nur dieses markante Thema? Ja, damit beginnt das schöne, frische Violinkonzert in E-Dur. Und wieso erklingt es jetzt auf dem Klavier? Weil Bach es selbst noch einmal verwendet und verändert hat. Damit gibt er unserem Kantor die Gelegenheit, als Solist frisch aufzuspielen und sein kleines Orchester zu leiten.

Und wir hören voller Begeisterung bis zum letzten Ton zu und gehen erfüllt und voller Dank für diese Stunde heim. Sie war dem Meister gewidmet und meisterlich gestaltet. Und wem noch etwas von dem großen Meister gefehlt hat, der komme am 10. De-zember zum Weihnachtsoratorium in unsere Kirche, wenn der große Chor dann anstimmt:
Fallt mit Danken, fallt mit Loben!

Claus-Jürgen Wizisla